28. Januar 2019
„Dieses Design ist zeitlos“, hört man Menschen sagen. Was aber meinen sie genau damit? Was macht Zeitlosigkeit aus? Eine Annäherung.
Ursprünglich für den deutschen Pavillon der Weltausstellung 1929 in Barcelona konzipiert, sind die Möbel der Barcelona-Serie von Mies van der Rohe noch heute begehrte Designklassiker.
Eben noch der letzte Schrei und plötzlich weg vom Fenster
Dieses Schicksal teilen viele Gegenstände des täglichen Lebens. Ganz gleich, ob es sich um Kleidung, Elektrogeräte oder auch Möbel handelt, irgendwann ist der Moment gekommen, an dem das jeweilige Design nicht mehr zeitgemäß erscheint. In diesem Punkt kennt die öffentliche Meinung kein Erbarmen – die öffentliche Meinung, Sachkundige und nicht zuletzt all die Marketingstrategen, die beim Schaffen neuer Trends und Bedürfnisse vorangehen.
Immerhin, so ist sich der Volksmund sicher, kommt alles, was einmal schön und modern war, irgendwann auch wieder. Doch stimmt das? Nicht ganz. Einige wenige Dinge kommen nicht wieder. Sie müssen es gar nicht. Weil sie nie wirklich weg waren vom Fenster. Weil sie immer ein Teil unserer ästhetischen Gegenwart geblieben sind. Diese wenigen Dinge überdauern den geschmacklichen Wandel, denn ihr Design ist das, was man landläufig „zeitlos“ nennt.
Dabei erblickt kein Produkt per se mit diesem Ritterschlag das Licht der Welt. ‚Außergewöhnlich‘ mag man es von Beginn an nennen, ‚innovativ‘ und ‚mutig‘, vielleicht sogar ‚revolutionär‘. Um jedoch das Prädikat der Zeitlosigkeit verliehen zu bekommen, braucht es vor allem eins: Zeit. Zunächst während des Design- und Herstellungsprozesses selbst: Gut Ding will nach wie vor Weile haben. Und dann muss das Design nachhaltig beeindrucken. Denn erst wenn sich nachfolgende
Designergenerationen auf das Design berufen und es zitieren; wenn Verbraucher es auch nach Jahrzehnten noch in nahezu unveränderter Form akzeptieren und kaufen; wenn es ins kollektive Bewusstsein für Ästhetik übergegangen und ein Teil des allgemeinen Kulturguts geworden ist, dann lässt sich zweifelsohne von „zeitlosem
Design“ sprechen.
Form follows function
Wohl jeder Designer hegt insgeheim den Wunsch, ein solches Produkt zu entwerfen. Vorhersehbar oder gar planbar ist das Ganze aber nicht. Oder doch? Schließlich wohnt vielen Gegenständen, die wir heute als zeitlos betrachten, eine Gemeinsamkeit inne: Sie kommen ohne Schnickschnack daher, sind auf das Wesentliche reduziert und gebrauchstauglich. Ihnen allen liegt offenbar dieselbe Idee zugrunde: Die intelligente
Verbindung von Form und Funktion ist wichtiger als das bloße Styling.
Gutes Design ist so wenig Design wie möglich
So hat Dieter Rams diesen Umstand in seinen zehn Thesen einmal formuliert. Er wusste, wovon er sprach. Als Chefdesigner bei Braun hat er zwischen 1961 und 1995 zahlreiche Produktreihen auf den Weg gebracht, die nicht nur den Stil der damaligen Zeit, sondern auch den der jetzigen geprägt haben. Viele seiner Projekte sind im Museum of Modern Art in New York ausgestellt. Auch an der Westküste der USA, im kalifornischen Städtchen Cupertino, werden die Ideen und Kreationen des deutschen Designpioniers weitergelebt.
So lässt sich kaum leugnen, dass für das Design verschiedener Apple-Produkte diejenigen Elektronikgeräte Pate standen, die Rams während seiner Zeit bei Braun
entworfen hat. Jonathan Ive, Designer des modernen Stils, macht auch keinen Hehl aus seiner Bewunderung das Schaffen von Rams. Er hat seinem Vorbild sogar einmal einen iPod-Touch geschickt, verbunden mit einem Brief, in dem er erklärte, welchen Einfluss Braun-Geräte auf sein ästhetisches Empfinden gehabt haben. Der Empfänger dieser besonderen Fanpost sieht die Ähnlichkeit der Apple-Produkte zu seinen eigenen als Kompliment, während einige seiner Designkollegen von „Plagiat und Ideenklau“ sprechen. Rams aber findet seine Thesen im Werk von Jonathan Ive wieder. Und er freut sich darüber.
Industrialisierte Revolutionen Im Bereich der Architektur war es der Österreicher Adolf Loos, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Konzentration auf Funktionalität bei gleichzeitigem Verzicht auf Ornamente und ähnlich schmückendes Beiwerk postulierte. Loos wird damit ebenso zu den bedeutenden Wegbereitern der Moderne in Architektur
und Design gezählt wie die Protagonisten des Staatlichen Bauhaus. Während es Loos um eine reflektierte Fortführung des Traditionellen ging, arbeiteten die Bauhaus-Künstler bewusst am Aufbruch in eine neue Zeit. Ihr Ziel war es, der zunehmenden Industrialisierung durch die Verwendung industrieller Materialien wie Glas und Stahl gerecht zu werden. Die Einfachheit und Klarheit der Formen des Bauhaus, die bis heute stilbildend wirken, waren auch dem Drang nach preiswerter Produktion geschuldet und somit ein Ergebnis der damaligen industriellen Möglichkeiten.
Ähnlich verhielt es sich mit dem Fiberglass Chair des amerikanischen Ehepaars Charles & Ray Eames. Er wurde Ende der 1950er Jahre unter Verwendung der damals neuesten technischen Gegebenheiten auf den Markt gebracht und stellte eine Revolution in Sachen Design und Produktion dar: Der Fiberglass Chair war der erste industriell gefertigte Stuhl aus Kunststoff überhaupt. Von späteren Generationen wurde seiner Gestaltung, die höchsten Ansprüchen an Leichtigkeit, Materialökonomie und Komfort genügte, das Prädikat „zeitlos“ verliehen. Mit zurückhaltender Eleganz und
funktionaler Ästhetik fügt er sich als Plastic Chair, wie er mittlerweile heißt, bis heute nahtlos in viele Wohnhäuser und Messestände ein.
Form follows emotion
Was heute als zeitlos gilt, war zu seiner Zeit also oft höchst innovativ, ein konsequentes Nutzen der neuesten industriellen Möglichkeiten – weg von den Schnörkeln und Verzierungen der jeweiligen Handwerkszunft, hin zu einer universellen Formsprache, gefertigt in mehrfacher Ausführung.
Heute haben Produktionsprozesse und Materialien einen Stand erreicht, der Designern ein Vielfaches an Möglichkeiten bietet. Gleichzeitig werden die funktionalen Komponenten von Produkten immer kleiner und die Herstellungskosten immer geringer. In der Folge weisen ähnliche Produkte kaum noch technische Unterschiede auf. Um sich von der Konkurrenz abzuheben, gewinnt die äußere Form an Bedeutung. Diese Tatsache macht sich die Konsumgüterindustrie zunutze, indem sie dem Design
vor allem die Funktion zuschreibt, einem Produkt ein bestimmtes emotionales Profil zu verleihen. Hieß es früher „Form follows function“, heißt es heute immer häufiger „Form follows emotion“. Die Gestaltung soll die Konsumenten emotional ansprechen: Gebrauchsqualität, Freude am Produkt und persönliche Identifikation schaffen.
Führende Designer wie Jonathan Ive, Zaha Hadid oder die Architekten Herzog & de Meuron schöpfen dazu die neuen technischen Möglichkeiten und Materialeigenschaften bis an ihre Grenzen aus, verlieren dabei die altbewährten Grundsätze aber nie aus den Augen. Bei aller Euphorie um Emotionalität und neue Möglichkeiten spielen Bauhaus und Rams‘ Thesen zu gutem Design also immer noch eine bedeutende Rolle, wenngleich auch sie kein Garant für das Schaffen von zeitlosem Design sind.
Kann es zeitlosen Messebau geben?
Auf den ersten Blick nur sehr schwer. Messestandprojekte sind von vornherein auf
einen äußerst überschaubaren Zeitraum ausgelegt. Von diesen wenigen Tagen bis hin zur Zeitlosigkeit ist ein gutes Stück Weg zu gehen. Dennoch können Messestände – trotz aller Kurzlebigkeit – Zeichen setzen, Eindrücke vermitteln, die haften bleiben.
In Zeiten des permanenten Wandels, der Reizüberflutung und des ständigen Kommens und Gehens von Produkten, wächst nicht nur der Kampf um Aufmerksamkeit, sondern gleichermaßen auch das Bedürfnis nach bleibenden Werten. Nach Wiedererkennung und Glaubwürdigkeit. In diesem Zusammenhang ist die Qualität der Standgestaltung von immenser Bedeutung. Denn nur wenn sie die Marke treffend und authentisch darstellt und sich stetig mit der Marke weiterentwickelt, kann sie überzeugen. Doch im schnelllebigen Messebaugeschäft ist die Gefahr groß, mit wechselnden Dienstleistern, Themen und Orten an Konsistenz zu verlieren, die Marke zu verwässern und die Chance zu vertun, beim direkten Kundenkontakt auf der Messe nachhaltig zu beeindrucken.
Mit vielen unserer Kunden arbeiten wir über lange Zeiträume eng zusammen. Ein partnerschaftliches Verhältnis, erfolgreiche Veranstaltungen und gegenseitiges Vertrauen sind für uns Indizien dafür, dass wir in der Umsetzung wie auch im Design eine sehr gute und vor allem zeitlose Arbeit leisten. Ein Beispiel dafür sind die Messestände des Unternehmens UGS, dass 2007 von Siemens übernommen wurde. Die Messestände realisieren wir seit 2002. Zwar entwickelten sich das Corporate Design und die Unternehmensfarben mit der Zeit und auch die Messearchitektur erhielt regelmäßig Anpassungen, dennoch blieb der Grundgedanke und die Formensprache erhalten. Das Konzept eines angedeuteten Drahtgittermodells, das aus den von UGS entwickelten Computerprogrammen abgeleitet wurde und einen konzeptionellen Produktbezug innerhalb der Architektur besitzt, erscheint passend und zeitlos.